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27.03.2017
Galabov debattiert 2017

Am 23. März war es nach langen Vorbereitungen endlich so weit: der Wettbewerb GALABOV debattiert für die 10. Klassen konnte steigen.

In Anlehnung an den deutschen Ableger Jugend debattiert standen die Schülerinnen und Schüler vor der Aufgabe, sich in einer Debatte mit einer Streitfrage auseinanderzusetzen. Insgesamt waren 24 Teilnehmer vertreten, die sowohl aus den Abteilungsklassen als auch aus den DSD-Klassen stammten. In den Wochen zuvor wurden die Schüler von ihren Deutschlehrern mit den Regeln des Wettbewerbs vertraut gemacht. Dabei konnten sie sich in einigen Probedebatten versuchen und entdeckten schnell den Reiz des geordneten Streitens. Hier eine Reportage von Yana Stoykova (10e):

 

Spannung in der Turnhalle. Schüler aus der 10e und 10d und manche sogar aus den DSD-Klassen sitzen auf den schwarzen gepolsterten Stühlen, die nur bei Feierlichkeiten auftauchen. Bald betritt auch die 9e den Raum, klatschend und gespannt – so was haben sie nie gesehen. Ehrlich gesagt aber gilt dasselbe für uns. Die Stimmung ist feierlich, überglücklich. Alle Blicke sind auf die Bühne geworfen. Am weitesten von uns erwarten die zwei Pulte die vier Finalisten, jedes Team mit einem Mikrofon ausgerüstet. Davor sitzt die Jury und bereitet alle Blätter, Chronometer und die Glocke vor, die sie brauchen, um die Debatte meist kritisch auszuwerten. Die Jury besteht aus den uns bekannten Herrn Münch, dem Veranstalter, Herrn Marinov, Frau Pietzsch… und zwischen ihnen Herrn Putz. Nein, denkt nicht, dass es einen neuen Lehrer in der Abteilung gibt. Benedikt Putz ist ein Austauschschüler aus Stuttgart und wird für 2 Monate bei uns bleiben.

Plötzlich explodiert der Raum vom ohrenbetäubenden Beifall. Snejina Ilieva, Yoana Zaharieva, Dimitar Petkov und Arno Piegeler, die Teilnehmer an der Finalrunde der Debatte, betreten die Turnhalle. Sie lächeln zaghaft und ängstlich – sind sie bereit für die finale Debatte?

Diese vier waren unter insgesamt 24 Teilnehmern ausgewählt. Die erste Runde der Debatte fand in den vorigen 2 Unterrichtsstunden statt. In drei Räumen wurde über die Streitfrage debattiert, ob es bulgarischen Schülern möglich sein sollte, ihre Profilkurse frei zu wählen. Die meisten von uns sind in Wirklichkeit der Meinung, dass dies besser für unsere individuelle Entwicklung und Interessen wäre. Deshalb fand es die Kontra-Seite ein bisschen schwieriger, sich sinnvolle Argumente auszudenken.

 

Aber zurück zur Finalrunde, wo das Thema noch komplizierter ist: Soll es mithilfe von Gentechnik erlaubt sein, die Geburt eines gesunden Kindes sicherzustellen? Die Pro-Seite vertreten Snejina und Arno und dagegen sprechen Yoana und Dimitar.

Die Hauptthese der Pro-Seite ist, dass, wo es sich auf unsere Gesundheit bezieht, man keine Kompromisse eingehen muss. Die Gesundheit sei nach Snejina und Arno das Wichtigste für uns und wir sollten alles tun, um das Gesundheitswesen weiter zu entwickeln.

„Beim Leben, dem menschlichen Leben, dürfen wir keine Fehler machen.“

Dagegen argumentieren Yoana und Dimitar, um sicher zu sein, dass diese Gentechnik wirklich zuverlässig ist, müsse man Versuche an Menschen durchführen, was zweifellos unmenschlich sei. Ihre Argumente sind, zunächst, dass es um Diskriminierung von behinderten und erbkrankheitstragenden Leuten geht, und darüber hinaus dass Gentechnik eine Einmischung in die Natur sei. Sie stellen die Frage, wie weit der Mensch danach gehen würde?

Die Debatte endet mit den starken Worten von Yoana Zaharieva: „Es ist uns ethisch unmöglich, einen gentechnischen Eingriff zu erlauben.“ Gleich beherrscht den Saal eine nachdenkliche Stille, der respektvoller Beifall folgt.

Die Schüler im Publikum starren sich untereinander verwundert an, besonders die Neuntklässler. Jeder ist von den Sprachfähigkeiten der vier Finalisten beeindruckt und wir sind erstaunt, wie leicht es für sie gewesen ist, sich unter Druck solch überzeugende Argumente auszudenken. Die 9e-Schüler fragen sich aufgeregt, ob auch sie nächstes Jahr zu einer solchen Debatte fähig sein werden.

Langsam schleichen wir heimwärts, aber natürlich erst, nachdem die Stühle, Pulte und die ganze Apparatur aufgeräumt sind. Wir gehen nach Hause mit einem seltsam feierlichen Gefühl im Herzen. Zwar ist Yoana Zaharieva die Siegerin, aber, wie Frau Bergmann gesagt hat, ist jeder, der an dem Wettbewerb teilgenommen hat, der Sieger: man hat viele neue Fähigkeiten erworben, man hat Erfahrungen gesammelt und vor allem hat man Spaß gehabt. Und was zählt, ist, dass wir alle das wirklich gespürt haben.

Der GALABOV debattiert Wettbewerb war ein echt spannendes Erlebnis, sowohl unterhaltend als auch nützlich. Wir bedanken uns bei der Deutschen Abteilung für die tolle Veranstaltung und wagen nur hoffen, dass wir mehr solche Ereignisse in der Zukunft erleben werden.

 

Ein herzliches Dankeschön an alle, die den Wettbewerb ermöglicht haben!

Bildergalerie:

Das sagten die Teilnehmer zu Galabov debattiert:

Yoana (stolze Gewinnerin des Wettbewerbs): Die Teilnahme an Galabov debattiert ist ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde und ich freue mich sehr, dass es stattgefunden hat. Für mich ist das Debattieren nicht nur ein Wettbewerb, sondern auch etwas, was uns lehrt, den anderen besser zuzuhören, ihre Meinung zu respektieren und wie aus einzelnen Monologen ein Dialog entstehen kann. Deswegen hoffe ich, dass in der Zukunft der Wettbewerb zu einer Tradition des Galabov-Gymnasiums wird, damit auch andere die Möglichkeit zu haben, die tolle Atmosphäre des Wettbewerbs zu fühlen.

Kaloyan: Ich bedanke mich, dass die Deutsche Abteilung so etwas organisiert hat und uns die Möglichkeit gegeben hat, richtig debattieren zu können. Obwohl es kleine organisatorische Probleme gab, ist der Wettbewerb als Ganzes wunderbar abgelaufen. Ich freue mich sehr, dass es auch Gäste gab, die nicht von unserer Schule waren. Dies hat ein Gefühl verschafft, dass alles richtig ernst ist, und nicht nur ein Spiel. Danke dafür!

Simeon: Als Ganzes hat mir Jugend debattiert sehr gut gefallen, aber es wäre noch besser gewesen, wenn man ein bisschen mehr Zeit für die Eröffnungs- und Schlussrede gehabt hätte. Denn die Themen waren ziemlich tiefgreifend und noch vieles hätte dazu gesagt und auch vorgeschlagen werden können. Abgesehen davon war es eine tolle Erfahrung für mich, vielleicht für die anderen auch. Ich denke, es wäre super, wenn es auch für die oberen Klassen diesen Wettbewerb gäbe.

Neben den positiven Stimmen gab es jedoch auch kritische Töne, die wir natürlich nicht verschweigen wollen. Ein ausführlicher Kommentar von Anna-Maria Doneva:
„Wir sind zahme, gute, moralische Kinderchen, die in Frieden, Liebe und Verständigung miteinander leben. Aber von Innenfrieden dürfen wir nur in friedlichen Zeiten, bei Gelegenheit, sprechen. Was passiert jedoch, wenn wir unter Stress sind, wenn wir wählen müssen, wer Recht hat und wer nicht, wer gewinnen wird und wer verlieren wird, wenn wir zwischen uns selbst und den anderen wählen müssen? Ist dieser Wettkampf, diese Konkurrenz nicht irgendwie vernichtend? Weckt er nicht Zweifel, Vertrauensmangel, Aggression? Was passiert mit der guten Wechselbeziehung? Der Ton bleibt ruhig, aber wer weiß, was für Gefühle und Gedanken dahinter versteckt sind. In solchen Situationen denkst du nicht so viel an die Anderen, wie an dich selbst, an den eigenen Vorteil, Gewinn, das einzige Ego. Wo ist hier das Moralische und das Menschliche?
Diese Pro-und Contra Teile erinnern mich an zwei gegnerische Fronten während eines Krieges. Ein Zitat lautet „Der Soldat kämpft nicht, denn er hasst, was vor ihm ist, sondern kämpft, um das, was hinter ihm ist.“ Aber was verteidigen wir hier und worum kämpfen wir?
Hier sind der Grund selbst und die verteidigte Position nicht wichtig, sondern der Streit, das Widerlegen, das Beweisen vor dem Publikum, dass du Recht hast. Und da ich hier die Moral nicht finden kann, erinnern mich diese Debatten an Gladiatorenspiele. Brot und Spektakel. Die unterworfenen Gladiatoren ziehen aus, um zu überleben und das Publikum zu amüsieren. Aber bei Debatten passiert das auf eine stillere und ruhigere Weise.
Sie erinnern mich an die Wettkämpfe mit japanischen Hähnchen, die miteinander kämpfen. Kleine und boshafte, mit gesträubten Kämmen und stolz geschwellten Brüsten. Sie picken sich und begreifen nicht, dass die Menschen sie als Unterhaltung ausnutzen.
Es erinnert mich an Wettbewerbspferde, die gedopt worden sind. Unser Doping: der Druck, die Anspannung, der Gewinn. Wir überholen auch einander und schneiden dem anderen den Weg ab. Ein Gewinner ist der Reiter. Das Publikum schaut nur zu und wettet. Es ist sehr günstig von der Seite zu beobachten und zu entscheiden, wer gewinnt und wer verliert, wer weitergeht und wer hinweggefegt und ausgeschieden ist. Die Jury steht seitlich, beobachtet ruhig und bestimmt, was mit den anderen passieren wird. Denn sie hat die Macht, das zu machen. Hier spielt die Herkunft eine Rolle.
Und wenn ich überhaupt über Herkunft spreche, wer bin ich, dass ich spreche? Es ist besser, ich schweige und setze meine friedliche Existenz fort.“